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Das foobar-Experiment - Tagebuch eines Sacred-Skeptikers, Tag 1

Tag 1

Tja, da bin ich nun. Frisch aus dem RISEN-Forum zwangsrekrutiert von der allmächtigen Inquisition... ähm, von Thalys und seinen Schergen. Ich soll also in Zukunft die Technische Hilfe mitmoderieren. Tja, da brauche ich wohl das Spiel. Dabei gehört es doch zu meinen Grundsätzen, mir niemals aktivierungspflichtige Spiele zu kaufen. Notgedrungen liebäugele ich mit der Demo.

Aber was wäre die WoP ohne hilfsbereite Mitglieder wie HeavyGuard, der sich erbarmt und mir ein überzähliges Exemplar von "Sacred 2 - Fallen Angel" zukommen lässt? Somit steht einem Test des Spiels nichts mehr im Wege.

Vorab für den geneigten Leser einige Informationen: Normalerweise ist Hack & Slay nicht so sehr mein Fall. Ich bevorzuge RPGs mit großer Story, die den ganzen Spielfluss und -verlauf bestimmt. Zu meinen Lieblingen zählen Spiele wie Gothic 1 und 2, Knights of the Old Republic und Vampire The Masquerade - Bloodlines. Noch dazu stört mich isometrische Ansicht. Ich liebe es, in der 1st- oder 3rd-Person-Perspektive auf einen Hügel zu kraxeln und meinen Blick in die Ferne schweifen zu lassen.

Also eigentlich keine idealen Voraussetzungen für ein Spiel wie Sacred 2. Möchte man zumindest meinen. Ich will dennoch den Versuch wagen und einen Blick über den Tellerrand werfen. Wenn ich mit Eigenschaften des Spiels, die eingefleischte Fans vielleicht nicht mal bewusst wahrnehmen oder für gut und richtig halten, vielleicht etwas hart ins Gericht gehe, dann wisst ihr, dass ich von der Warte eines "Außenstehenden" schreibe.

Nun aber los. Es ist früher Nachmittag und ich habe gerade nichts zu tun, also werfe ich kurzerhand die Sacred2 (im Nachfolgenden kurz "S2" genannt) Installation an. Und weil heutzutage ja kein Patch mehr ohne Spiel herauskommt (oder war es umgekehrt?), installiere ich noch schnell den offiziellen Patch 2.34. "Noch eben schnell" ist allerdings leichter gesagt als getan, denn der Patch führt zwei vollständige Prüfungen des gesamten S2 durch. Eine vor der eigentlichen Installation, eine danach. Insgesamt genehmigt sich der knapp 1 GB fette Patch eine Installationszeit von einer Viertel Stunde auf meinem PC (der nicht gerade "lahm" genannt werden kann).

Während der ganzen Installation beschleichen mich gewisse Sorgen wegen meiner Logitech-Maus. Schließlich benutze ich den SetPoint-Treiber, um Maustasten Tastendrücke zuweisen zu können (sehr nützlich in Spielen), habe aber vorab gelesen, dass es hier zu Problemen kommen kann. Sicherheitshalber führe ich parallel ein Onlineupdate von SetPoint durch, da ist die lange Wartezeit während der Installation wenigstens sinnvoll genutzt.

Nun kommt der große Moment: Wird das Spiel starten oder muss ich auf SetPoint verzichten? Zunächst einmal kommt die Aktivierung und fragt mich nach dem Code auf dem Handbuch. 19 Tastendrücke und zwei Mausklicks später startet das Spiel problemlos. Keine Beschwerden über SetPoint. Puh!

Wie ebenfalls heutzutage üblich begrüßt mich das Spiel erstmal mit einem gefühlten Dutzend Logo-Videos und wie weiterhin üblich nehme ich mir vor, selbige bei Gelegenheit mal vor dem Spiel zu verstecken.

Aber nun kann ich loslegen. Als erfahrener Spieler führt mein erster Weg ins Optionen-Menü, wo ich die Grafikeinstellungen hochschrauben will. Komischerweise kann ich auf den Vsync-Knopf klicken, so oft ich will, ein Kreuzchen für "aktiv" will dort nicht erscheinen. Nachdem ich einmal auf "Annehmen" gedrückt habe, kann ich zurück in die Grafik und VSync einschalten. Komischerweise sind dafür die Wettereffekte wieder aus und AA ist auf 2x zurück gesprungen. Ich stelle erneut alles ein und bestätige die Änderungen. Eine letzte Kontrolle verrät, dass dieses Mal alles übernommen wurde. An dieser Stelle schonmal vorab die Informationen, dass mir später ein weiteres Mal die Grafikeinstellungen zurück gesetzt wurden. Der Grund dafür ist mir bis jetzt aber schleierhaft.

So, nun starten wir mal ein neues Spiel. Das beginnt damit, dass ich mir einen Charakter aussuchen muss. Die dürftig bekleideten weiblichen Charaktere (Seraphim, Hochelfe, Dryade) zeigen, dass Sexappeal offenbar zum Spielkonzept dazu gehört. Nun gut. Ich bin ein Mann und heterosexuell. Es würde mir daher sowieso keiner glauben, wenn ich sagen würde, dass mir der Anblick nicht gefällt. Also erspare ich uns allen das Geheuchel.

Ich schwanke zwischen Seraphim und Hochelfe und entschließe mich, einfach mal beide kurz anzuspielen, um einen besseren Eindruck vom Spielgefühl zu bekommen. Ich beginne mit der Seraphim und bin erstmal von dem Introvideo beeindruckt. Hoffentlich setzt sich das Spiel in dieser Weise fort. Das eigentliche Spiel startet und ich finde mich in einer Tempelanlage des Lichtgottes Lumen wieder. Ich will nicht zu viel spoilern, aber meinen ersten Auftrag habe ich schon bekommen und auf der Minikarte zeigt eine goldene Markierung auch die Richtung an, in die ich laufen muss.

Man mag über solche Questmarker denken, was man will, aber im Fall von Sacred 2 sind sie meiner Meinung nach bitter nötig. Denn obwohl das Spiel eine 3D-Engine hat, ist es nicht möglich, beispielsweise in Spellforce-Manier so nah an den Charakter heran zu zoomen, dass man eine 3rd-Person-Perspektive bekommt. Man schaut immer von oben auf die Figur, der Neigungswinkel der Kamera lässt sich nicht ändern. Auch ein "Mouselook", also das freie Schwenken und Drehen der Kamera um den Charakter herum (wie beispielsweise in Kotor oder NWN) existiert scheinbar nicht.

Ein wenig enttäuscht bin ich davon schon, hatte ich doch gehofft, man würde die 3D-Engine dann auch für eine Perspektivenwahl durch den Spieler nutzen. Da das Zoomen aber nur den überblickbaren Bereich verkleinert, bringt es mir nicht viel. Seufzend gehe ich auf die maximale isometrische Ansicht. So kann ich wenigstens etwas von meiner Umgebung sehen.

Ansonsten weiß die Grafik zu gefallen und hebt sich qualitativ deutlich vom Vorgänger ab. Die Welt und insbesondere die Flüsse, deren Flussbett blau eingefärbt wurde, erinnern allerdings hier und da an eine Modelleisenbahnlandschaft. Doch ich hatte ohnehin kein Crysis erwartet und bin, was das grafische angeht, recht anspruchslos.

Die ersten Kämpfe lassen nicht lange auf sich warten und sind wenig fordernd. Aber ich bin ja noch Anfänger und habe sicherheitshalber mal "Bronze" (also den leichtesten Schwierigkeitsgrad) gewählt. Zumindest in diesem Modus ist das Spiel bis jetzt durchaus auch für wenig erfahrene Spieler geeignet. Dass es gleich beim ersten Kampf nicht voll zur Sache geht, ist völlig in Ordnung.

Dialog- und Questsystem sind einfach gehalten. Echte Gespräche kann ich nicht führen. Normale NPCs reagieren mit einem Standardsatz auf Anklicken, bei Questgebern erscheint ein einzelnes Fenster, in dem alles steht, was den Quest betrifft und dann kann ich nur "Annehmen" oder "Ablehnen". Rückfragen oder Unterhaltungen sind nicht möglich. Natürlich entwickelt auf diese Weise kein NPC wirklich eine Persönlichkeit. Wer gerne Hintergründe, Motivationen und Meinungen im Gespräch mit anderen entdeckt, ist bei S2 offenbar eher falsch. Dafür bekommt man kurz und knapp die Aufträge präsentiert und verplempert keine Zeit mit "unnötigem Geschwätz". Wem Gespräche also sowieso lästig sind, der wird das System sicher angenehm finden.

Auch die Quests bestehen im Wesentlichen aus Hole- und Töte-Missionen. Ausdifferenzierte und geschickt verpackte Quests darf man bei S2 nicht erwarten. Wieder scheint hier alles auf schnelles Spiel angelegt zu sein. Auftrag annehmen, sich zum Ziel durchschnetzeln, einen oder mehrere Gegenstände aufsammeln und zurück zum Questgeber für die Belohnung.

Ich verprügele also weiterhin Monster und Wegelagerer und erledige dabei einige kleinere Aufgaben. Man mag zwar aufgrund meiner bisherigen Beschreibungen den Eindruck gewinnen, aber bis jetzt ist das nicht langweilig. Zügig rauscht meine Seraphim, immer einen flotten Spruch auf den Lippen, durch die Gegner. Schnell habe ich die ersten, besseren Ausrüstungsgegenstände zusammen. Beim Besuch auf dem Friedhof lassen mich die Grabsteinsprüche schmunzeln.

Ein weiteres Problem offenbart sich aber, als überraschend das Telefon klingelt. In aus anderen Spielen gewohnter Manier drücke ich ESC, um das Menü aufzurufen und gehe ans Telefon. Fünf Minuten später komme ich zurück und stelle fest, dass die Zeit im Spiel einfach weitergelaufen ist. Eine kurze Google-Suche bestätigt den Verdacht: Es gibt keine Pausen-Funktion! Im Multiplayer-Modus will ich dagegen ja gar nichts gesagt haben, aber was bitte spricht dagegen, dass der Server pausieren kann, solange nur ein einziger Spieler eingeloggt ist (Singleplayer)?

Das gleiche gilt für das Speichern. Man kann nicht frei speichern. Verschiedene Savegame-Slots? Ebenfalls Fehlanzeige. Die einzige Möglichkeit zum Speichern ist das Beenden des Spiels (und Beenden ohne Speichern geht auch nicht). Und bei den sogenannten Seelensteinen kann man noch speichern. Dort taucht man dann auch wieder auf, wenn man ein irgendwo anders gespeichertes Spiel fortsetzt.

Diese beiden Designentscheidungen (keine Pause, kein freies Speichern) befremden mich etwas. Das bedeutet doch letztlich, dass man das Spiel für kleinere Zeiteinheiten eigentlich gar nicht anzuwerfen braucht. Spielen lohnt sich nur, wenn man mal ein paar Stunden am Stück ununterbrochen durchzocken kann.

Einerseits scheint das Spiel aufgrund seiner Dialog- und Queststruktur als flotter, kurzweiliger Prügelspaß für zwischendurch konzipiert zu sein (und macht da bisher auch keine schlechte Figur), aber andererseits wird man bei genau dieser Spielweise von Ascaron vor den Kopf gestoßen, weil man eigentlich nicht vom Spiel weggehen darf, wenn man nicht zufällig gerade in einer sicheren Gegend ist. Was dadurch auf der anderen Seite gewonnen wird, verschließt sich mir bis jetzt. Im Hardcore-Modus könnte ich es ja noch als zusätzliche Herausforderung ansehen, aber im einfachen Modus ist es eigentlich eher lästig.

Als ich die Ortschaft Schlehenfurt erreiche, beende ich erst einmal und beginne erneut mit einer Hochelfe. Deren magische Fähigkeiten überzeugen mich schnell davon, dass sie für mich die bessere Wahl ist. Außerdem sind ihre herablassenden und arroganten Sprüche noch eine Spur besser als das "heilige Gehabe" der Seraphim. Und so entschließe ich mich, vorerst mit diesem Charakter weiter zu spielen.

Leider gibt es wenig Möglichkeiten, die Figur zu individualisieren. Klar, unterschiedliche Ausrüstung kann man anlegen, aber das war es dann auch. Selbst Kleinigkeiten wie Frisur oder Haarfarbe kann man nicht selbst wählen. Google verrät, dass es eine alternative Haarfarbe gibt, die man mit Strg+Shift in der Charakterauswahl erreicht. Aber grün für die Seraphim und pink für die Hochelfe sind nun wirklich... ähm... suboptimal. Ich frage mich, wie man hier im Multiplayer die Figuren auseinander halten kann. Die sehen doch alle gleich aus und die Rüstungen (das einzige Unterscheidungsmerkmal) wechseln spätestens nach jedem Beutezug. Aber mein Problem soll es nicht sein, ich spiele Singleplayer.

Auch hier wäre ein wenig Freiraum bei der Charaktererstellung wünschenswert. Ich will es aber dem Spiel nicht zu sehr ankreiden. Wenn es ein Spiel gibt, dem man den Vorwurf der fehlenden Charaktergenerierung wirklich machen kann, dann ist es Gothic. Und das Spiel (zumindest die ersten beiden Teile) ist trotzdem sehr überzeugend geworden. Also Schwamm drüber, selbst ist der Spieler. Ein Blick auf die Spieldaten von S2, ein paar Handgriffe an den Texturen und fünf Minuten später hat meine Hochelfe eine neue Haarfarbe. Schon besser.

Erneut erledige ich Quests und Monster gleichermaßen. In Schlehenfurt findet sich die erste Spielertruhe. Offenbar kann man hier Inventar zwischenlagern. Praktische Sache. Gleich mal ein wenig von dem Plunder, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob ich ihn schon verkaufen will, dort reinwerfen.

Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigt, dass es mittlerweile nach Mitternacht ist. Habe ich die Zeit im Spiel vertrödelt oder bei meinen zwischenzeitlichen Besuchen im Forum? Mit einem beherzten Gähnen beende ich das Spiel und nehme mir vor, es morgen weiter zu spielen.

Das Fazit des Tages lautet: Interessantes Spiel mit brauchbarer Grafik und Sound, das sich selbst nicht immer ernst nimmt und mit flotten Sprüchen und Humor das Monstergehacke erfolgreich auflockert.
Dringend verbesserungswürdig sind dagegen Kamera bzw. Perspektive, Pause- und Speicherfunktion.

Zu Story, Spieltiefe, Langzeitspaß, anderen Regionen der riesigen Welt und all diesen Dingen kann ich natürlich noch nichts sagen. Habe erst ein paar Seiten des Buches gelesen...


geschrieben von foobar | Im Forum diskutieren


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